Veranstaltungen | 20. Juni 2020
Hagen ist zwar schon seit 2003
Mitglied der Bank … Verbindung, gleichwohl begleitete er unser Netzwerk bisher eher
wohlwollend aus dem Hintergrund. Umso dankbarer waren wir, dass er sich als
Sprecher für die 3. Digital … Keynote anbot und einen spannenden Vortrag für die
ersten 40 Minuten des Webinars hielt – seine Präsentation (17 Slides) findet
Ihr anbei zum Download.
„Was ist Dein Diamant?“, also welche individuelle Besonderheit
zeichnet Dich aus, oder amüsant-punktierter ausgedrückt: in welcher Disziplin
könntest Du Stefan Raab schlagen? Das will Hagen von Bewerbern wissen, aber
auch von sich selbst einschätzen können. Für ihn als Head of Operational Risk,
der bei Goldman Sachs direkt dem Frankfurter Risiko-Vorstand zuarbeitet, ist es
freilich förderlich, dass er des Pudels
Kern in sich stellenden Risiko-Themen verstehen möchte. Bei seiner Promotion
hat ihm geholfen, dass er seine Ideen, Ansichten und Gedanken gern in Texte verpackt,
sich freut, wenn diese veröffentlicht werden und er darüber fundiert diskutieren
kann. Eine weitere Kernfrage seines Vortrags, die die Zuhörer zum Nachdenken
anregen sollte, lautete: „Was bleibt von
einer Person ohne Funktion?“ – als Rückbesinnung auf die Eigenschaften, die
uns als Individuum charakterisieren.
Sein akademischer Weg, der immer berufsbegleitend stattfand, führte ihn vom DHBW Studium in Ravensburg über einen Master-Abschluss an der Steinbeis Hochschule in Berlin, mit Auslands-Aufenthalten in Japan und den USA, bis zu seiner Promotion an der TU Dortmund. In dieser untersuchte er Fälle von betrügerischen Börsenhändlern (rogue tradern) und schlussfolgerte, was aus den Vorkommnissen zu lernen ist und wie diese verhindert werden können. In seiner Arbeit entwickelte er ein Erklärungsmodell für organisationales Fehlverhalten [organizational misbehaviour (OMB)] mit verschiedenen Wirkungstreibern auf organisatorischer/struktureller, individueller sowie Gruppen-Ebene.
Eine wichtige Grundlage für Hagens akademischen Werdegang waren seine Lehraufträge an seiner Heimat-Hochschule, der DHBW in Ravensburg, der Frankfurt School of Finance and Management in Frankfurt am Main sowie aktuell an der WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar bei Koblenz. Diese Tätigkeiten und sein Interesse für das Fachgebiet Kriminologie und abweichendes/deviantes Verhalten führten somit, quasi auf natürliche Weise, zu seiner Doktorarbeit, die er – über einen Zeitraum von drei Jahren – stets am Abend nach seiner Tätigkeit bei der Deutschen Bank schrieb – was mit seinen zwei kleinen Kindern eine echte Herausforderung darstellte und ohne die maßgebliche Unterstützung durch seine Frau niemals möglich gewesen wäre.
Hagen wies darauf hin, dass heutzutage eine Doktorarbeit als Monografie (d.h. als größere wissenschaftliche Einzeldarstellung) eher selten vorkommt. So beschritt auch er den kumulativen Weg, d.h. er veröffentlichte mehrere Paper in wissenschaftlichen Journalen; je mehr davon veröffentlicht wird und je renommierter dabei die Publikationsmedien sind – was durch den sogenannten impact factor des jeweiligen Journals gemessen wird – desto besser wird die Doktorarbeit zumeist bewertet. Für die Veröffentlichungen war es ihm wichtig, an akademischen Konferenzen teilzunehmen / sich sein wissenschaftliches Netzwerk aufzubauen und die Ergebnisse seiner Forschung internationalen Forscherkollegen zu präsentieren und diese mit ihnen zu diskutieren.
Die beruflichen Stationen seines Lebenslaufs
führten von seinem dualen Ausbildungsbetrieb Dresdner Bank, einem Schweizer Beratungs-Unternehmen
(IBCOL), der Prüfungsgesellschaft KPMG, der Deutschen Bank bis zu seinem
aktuellen Arbeitgeber Goldman Sachs. Einer seiner vielen wertvollen Tipps für
die 35 Teilnehmer der Digital … Keynote: „Locker
machen!“, d.h. für einen steten und ausgeglichenen Wechsel zwischen
Anspannung und Entspannung zu sorgen und sich diesbezüglich klar darüber zu werden,
wie/womit genau man sich entspannen bzw. die eigene Resilienz-Fähigkeit(en) stärken
kann (Stichwort: Mental Health). Dies ist zumeist eine seiner persönlichen Fragen
an Bewerber, neben der nach deren Motivation. Kurzum, „Eine gewisse Leichtigkeit ist unabdingbar.“
Zum Ende seines Vortrags ging Hagen
auf die aktuelle politische, wirtschaftliche und soziale Situation in den USA, die
Geschehnissen bei Wirecard sowie die weltwirtschaftlichen Auswirkungen der
Corona-Krise ein. Dabei zitierte er ausführlich aus den Einschätzungen des deutschen
Zukunftsforschers Matthias Horx.
Hagens Fazit: Es ist unbedingt notwendig, die persönliche wie auch die Resilienz von Unternehmen zu stärken. Wir erleben aktuell nicht das Ende der Globalisierung, diese tritt nur in ihre nächste Phase ein, in der zukünftig weniger Vorprodukte über den Globus transportiert werden, sondern es vermehrt zum globalen Handel mit fertigen Produkten kommt. Die Rolle des Staates und seiner ordnungspolitischen Instrumente wandelt sich (Stichwort: Donut-Ökonomie), weshalb es zukünftig wichtiger sein wird, beispielsweise einen Index zur Messung des Wohlergehens einer Gesellschaft einzuführen, anstatt nur bzw. vorrangig auf das Bruttoinlandsprodukt zu achten. In der Arbeitswelt wird absehbar flexy-curity wichtiger, also die Verbindung von Arbeitsflexibilität bei gleichzeitig Gewährleistung von Sicherheit.
„Das Leben wir vorwärts gelebt und rückwärts verstanden.“, damit endete
Hagen seinen Vortrag.
In der anschließenden intensiven 45-minütigen Frage-Runde reichten die Themen von Elon Musk und seinem Angriff auf die klassische Automobilindustrie, über die Bedeutung von wissenschaftlicher Exzellent vs. praktischer Erfahrung im Bewerbungsprozess, bis hin zu der Frage, welche Kräfte den aktuellen Wirecard-Skandal ausgelöst haben könnten und wie man sich als Investor vor derartigen Fällen schützen könne. Es ging überdies um die aktuelle Relevanz globaler Risiken im sozialen, politischen sowie medizinischen Bereich, ob auf Deutschland eine Pleitewelle zurollt und welche Fähigkeiten der Banker der Zukunft benötigt. Zum Ende der Diskussion wurden ethisch-moralische Fragen bezüglich Künstlicher Intelligenz (KI) diskutiert. Hierzu gab Hagen zwei lesenswerte Literaturempfehlungen: Richard David Precht: „KI und Moral“ sowie Stuart Russell: „Human Compatible: AI and the Problem of Control“.
Vielen Dank an Hagen für seinen mitreißenden Vortrag, seine spannend-erhellenden akademischen Einblicke in die Welt des organisationalen Fehlverhaltens sowie seine Karriere-Reflexionen für die teilnehmenden Mitglieder der Bank … Verbindung.
Hier einige Vortragsfolien zum Download.