Fachartikel | 25. März 2016
Im Rahmen meiner Bachelorarbeit habe ich mich mal mit einem etwas anderen Thema der Finanzbranche beschäftigt, dem sogenannten „Social Impact Bond“. Wie aus der Auswertung meiner Umfrage hervorging, haben die meisten von euch wohl noch nicht von diesem neuartigen Finanzierungsinstrument gehört, weshalb ich euch das Konzept einmal kurz vorstellen möchte.
Integration von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt, Resozialisierung von ehemaligen Häftlingen und Unterstützung von benachteiligten Kindern. – Dies sind nur drei der vielen gesellschaftlichen Herausforderungen, denen sich die Bundesrepublik Deutschland in der heutigen Zeit stellen muss. Die öffentliche Verwaltung versäumt es, diesen Problemen bereits vor ihrem Entstehen entgegenzuwirken und tut sich schwer, die passenden Lösungen anzubieten und innovative Ansätze zu fördern. Die Ausgaben für Soziales, Gesundheit und Bildung steigen schon heute insgesamt schneller als das Bruttoinlandsprodukt. Bei gleichbleibender sozialer Leistungserbringung entstehen so langfristig immer größere Finanzierungslücken. Deshalb gilt es, nicht nur die bestehenden Lösungsansätze der Sozialwirtschaft zu stärken, sondern auch neue Modelle zur Sozialfinanzierung zu erproben und diese bei Erfolg in bestehende Strukturen zu integrieren.
Insbesondere junge Sozialentrepreneure sind jedoch diversen Problemen ausgesetzt, um das benötigte Kapital für ihre neuartigen Konzepte von privaten Investoren oder öffentlichen Einrichtungen zu akquirieren. Häufig komplizierte Vergabestrukturen seitens der öffentlichen Hand erschweren eine Regelfinanzierung für innovative Vorhaben und Stiftungen reinvestieren gegebenenfalls anfallende Mehreinnahmen nicht dem Stiftungszweck entsprechend, sondern legen diese nur sicher zurück. Deshalb soll nach der Meinung internationaler Experten des Fachbereichs eine neue Finanzierungsoption erschlossen werden: Die Privatinvestoren. Tatsächlich wären viele private Finanziers bereit, ihr Kapital im Sozialbereich zu investieren, doch für einige kommt eine vergütungsfreie Geldüberlassung nicht in Frage. So stellt die knappe Finanzlage ein beträchtliches und oftmals unüberwindbares Hemmnis für Innovation und Wirksamkeit dar. Die Konsequenz: Innovationspotenziale liegen brach – zum Leidwesen der Hilfeempfänger.
Aus diesen Gründen soll in Deutschland ein sozialer Kapitalmarkt etabliert werden, der wie in Großbritannien private Investitionen im sozialen Sektor ermöglicht und so sozialen Mehrwert mit finanzieller Rendite verbindet. Der neue Trend auf den Finanzmärkten heißt deshalb „Impact Investing“: Die Welt verbessern und daran verdienen. Doch kann diese Symbiose von Kapitalismus und Philanthropie funktionieren? Eine Ausgestaltungsmöglichkeit der sozialen Geldanlage ist der „Social Impact Bond“. Dieses noch junge Finanzierungsinstrument, welches im angelsächsischen Raum schon länger angekommen ist, ist in Deutschland jedoch noch in der Frühphase seiner Entwicklung und weitestgehend unbekannt. Was ist also ein Social Impact Bond und ist er eine ernstzunehmende Alternative im deutschen Markt?
Im Rahmen eines Social Impact Bonds (SIB), zu Deutsch auch als „Sozialer Wirkungskredit“ bezeichnet, werden präventive Maßnahmen zur Lösung sozialer Probleme von privaten Investoren (auch Unternehmen und Stiftungen) vorfinanziert und (nur) im Erfolgsfall von der öffentlichen Hand zurückgezahlt und mit einer vorher festgelegten Rendite vergütet. Dabei arbeitet eine Vielzahl an Parteien eng zusammen. Ob das Projekt als erfolgreich gilt, hängt davon ab, ob durch die Intervention eine vorher festgelegte soziale Wirkung erzielt werden konnte. Dies wird am Ende der Laufzeit von einem unabhängigen Gutachter bewertet und entschieden. Sollte das Projekt scheitern, tragen die Investoren das Risiko eines Totalverlusts, da das Kapital in diesem Fall nicht vom Staat zurückgezahlt wird. Potenzielle Kapitalgeber haben bei einem erfolgreichen Projekt allerdings die Möglichkeit, vergleichbar hohe Renditen (3 – 15 % p.a.) zu erzielen und gleichzeitig innovative soziale Projekte zu unterstützen. Ein Beispiel für ein derartiges Projekt ist der im Jahr 2010 lancierte "Peterborough SIB", der darauf abzielt, durch vorbeugende Maßnahmen die Rückfallquote ehemaliger Häftlinge signifikant zu reduzieren. Sollte dies gelingen, erhalten die Investoren eine Rendite von bis zu 13 % p.a. und haben zudem einem sozialen Problem aktiv entgegengewirkt. Auch wenn noch keines der weltweit 38 Modellprojekte abgeschlossen ist, zeigt der britische Pilotversuch in Peterborough nach ersten Anlaufschwierigkeiten eine positive Wirkung und eine deutliche Senkung der Wiederverurteilungsrate der betroffenen Kurzzeitinsassen.
Die Etablierung eines sozialen Kapitalmarkts und der Einbezug privater Investoren und Stiftungen erweitern aber auch hierzulande die Möglichkeiten, die Finanzierungslücke im Sozialunternehmertum zu schließen und das Innovationspotenzial in Deutschland stärker zu nutzen. Doch um dies für die Zukunft zu ermöglichen, ist es nötig, gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um dieses noch junge Finanzierungsinstrument und seine Bewertungsstrukturen weiterzuentwickeln, komplexe Vertragsgestaltungen anzupassen und den Bekanntheitsgrad deutlich zu steigern. Dennoch bleibt festzuhalten, dass Social Impact Bonds ein geeignetes und innovatives Finanzierungskonzept für soziales Wagniskapital sind. Wie die internationalen Erfolgsbeispiele zeigen, kann dieses Konstrukt im Erfolgsfall eine Win-win-Situation für alle beteiligten Parteien darstellen und zur Lösung sozial-gesellschaftlicher Probleme beitragen. Allerdings sind dabei nicht unerhebliche finanzielle Risiken zu beachten und maßgebliche Herausforderungen zu bewältigen. Sollte dieses Optimierungspotenzial kurz- bis mittelfristig genutzt werden, stellt der SIB auch aus Anlegersicht eine ernstzunehmende Investitionsalternative auf dem Kapitalmarkt dar. So kommt der derzeit einzige deutsche Soziale Wirkungskredit „Eleven Augsburg“ schon bald in die Auswertung und es wird bereits über zwei weitere hiesige SIBs verhandelt. „Investieren mit finanzieller Rendite und sozialem Mehrwert“ – dies ermöglicht der Social Impact Bond so zielgerichtet wie derzeit kein vergleichbares Finanzierungsinstrument – und das nun auch in Deutschland.